- briefeanrasmus
1. Kapitel: Warum ich aufgehört habe zu erzählen das ich Autist*in bin
Aktualisiert: 10. Juli 2020
Autismus definiert mich nicht.
Jedesmal, wenn ich erzählt habe, dass ich das Asperger-Syndrom habe, habe ich einen der folgenden Kommentare zu hören bekommen:
Was? Du Autist*in? Niemals!
Das ist doch bloß eine Mode-Diagnose
Du bist einfach nur empfindlich, bei mir ist das auch so und ich bin deswegen noch lange nicht Autist*in
Dann bist du aber nur leicht betroffen oder?
Ich kenne einen Autisten, der ist aber ganz anders als du...
Und so weiter...
Ich glaube, fast jedes Mädchen mit Asperger-Syndrom (und sicher auch viele Jungen) haben einen dieser Kommentare schon einmal gehört.
Zum Mitschreiben: ES NERVT!
Jeder Autist* und jede Autistin* ist anders. Klar, weil jeder Mensch ein Individuum ist. Es gibt Dinge, welche auf gewisse Gruppierungen zutreffen, aber es gibt kein Lehrbuch nach dem man eine/n Autisten*in einwandfrei erkennen und diagnostizieren könnte. Wenn du eine/n Autisten*in kennenlernst, dann kennst du eben nur einen einzige/n Autisten*in und nicht automatisch alle, die sich im Spektrum befinden.
Die Menschen haben sich angewöhnt alles zu kategorisieren um die Übersicht und somit die Kontrolle zu behalten. Wir möchten für alles immer eine Erklärung. Autismus zu benennen, macht ihn greifbarer. Es erklärt, warum sich gewisse Menschen anders verhalten und schafft somit Raum für Verständnis und Toleranz. Trotzdem kann es für Menschen im Spektrum auch einengend sein. Ich bin nicht mein Asperger-Syndrom. Ich erfülle längst nicht alle Klischees, die damit verbunden sind und trotzdem bin ich genau so autistisch wahrnehmend, wie jemand* auf den vielleicht acht von zehn Klischees zutreffen.
Wenn ich jemandem* erzählt habe, dass ich autistisch wahrnehme, war ich nie autistisch genug um Autist*in zu sein, aber auch nicht normal genug um so akzeptiert zu werden wie ich bin. Irgendwann habe ich damit aufgehört meiner "Andersartigkeit" einen Namen zu geben. Ich weiss, dass meine Diagnose viele meiner vielleicht oftmals nicht ganz so verständlichen Verhaltensmuster erklären könnte. Aber ich weiss leider auch, dass viele Menschen immer noch sehr wenig über das Asperger-Syndrom (und Autismus im Allgemeinen) wissen und sich dadurch stark an Klischees orientieren.
In Konklusion:
Ich schäme mich nicht dafür autistisch wahrzunehmen. Aber ich versuche mehr darauf zu vertrauen, dass die Menschen, die mir wichtig sind, mich so akzeptieren, wie ich bin. Du bist nicht deine Diagnose! Du bist so viel mehr als das!