- briefeanrasmus
Poems
Aktualisiert: 8. Sept 2020
Das Fenster zur Welt
Augen
Ich starre aus meinem Fenster.
Direkt ins große, blaue Nichts.
Ich starre aus meinem Fenster.
Auf den Baum direkt vor mir,
auf die untergehende Sonne,
die den Himmel violett, blau, rosa, rot färbt.
Haut
Ich fühle die goldenen Sonnenstrahlen auf meinem aschgrauen Gesicht
und der Wind, der sanft die Haut meiner nackten Schultern streift.
Ohren
Ich kann die Kinder hören.
Sie schreien, sie lachen, unten auf den Straßen. Sie atmen.
Die Vögel singen und ihre schönen Stimmen dringen in mein Zimmer.
Nase
Ich sauge den Duft des Sommers in meine Lungen.
Ein bisschen Flieder, ein bisschen nasse Straße direkt nach dem Regen.
Eine chemische Reaktion mit den Pollen.
Geist
Ich frage mich, was Leben bedeutet?
Ich frage mich, was es bedeutet am Leben zu sein.
Ich frage mich, ob ich gerade am Leben bin.
Ob ich mich lebendig fühle nur weil ich am leben bin.
Ob ich ein Leben leben kann, ohne mich lebendig zu fühlen.
Aber wie kann ich mich fühlen, als würde ich leben, ohne mich lebendig zu fühlen?
Seele
Eine sterbende Seele in einem lebenden Körper.
Ein chaotischer Geist in einem ordentlichen Raum.
Ein Kind im Körper eines Erwachsenen. Ein Erwachsener im Körper eines Kindes.
Beides und nichts von all dem.
Ein Kind, dass viel zu viele Dinge weiß, die es eigentlich noch nicht wissen sollte.
Ein Kind, dass zu viel Schmerz empfand.
Zu viel für eine Kinderseele alleine.
Und doch formte es seinen Blick auf die Welt.
The pain of living an unlived life
Ein Kind wird geboren
Es lebt
Es atmet
Es isst
Es trinkt
Es sieht
Es riecht
Es schmeckt
Es fühlt
Es lernt
Es beginnt zu verstehen
Es lernt zu ertragen
Es lebt weiter
Es wird grösser
Es wird älter
Es ist nun kein Kind mehr
Es ist erwachsen
Es trinkt
Es isst
Es raucht
Es lernt
Es beginnt zu verstehen
Es lernt zu ertragen
Es lebt weiter
Es wird reifer
Es wird älter
Es ist nun alt
Es isst
Es trinkt
Es raucht (ab und zu noch) eine Kippe oder auch zwei
Es lernt
Es beginnt zu verstehen
Es beginnt zu vergessen wie man erträgt
Es begreift
Es stirbt
Inspiriert von einem Zitat von André Aicman: „By the time we learn to live, it’s already too late.“
Die Stimme in meinem Kopf
Sie sagt mir, ich sei schlecht
Sie sagt mir, die Welt sei schlecht
Sie sagt mir, mein Leben sei schlecht
Sie sagt mir, „es“ sei sinnlos
Sie sagt mir, die Welt ändert sich nicht, wenn ich im Bett liege und auf den Parkett starre
Sie sagt mir, ein Mensch alleine kann sowieso nichts erreichen
Sie sagt mir, ich sei ein nichts
Unbedeutend, unwichtig, wertlos
Sie sagt mir, ich sollte heute nichts essen
Sie sagt mir, ich sollte sowieso nie irgendetwas essen
Sie sagt mir, niemand wird mich jemals lieben
Sie sagt mir, Versager verdienen keine Liebe
Sie sagt mir, Versager verdienen es nicht glücklich zu sein
Sie sagt mir, ich sei ein Versager
Weil ich immer noch im Bett liege und es nicht schaffe aufzustehen
Sie sagt mir, es werde sich nie etwas ändern
Sie sagt mir, Ich werde nie etwas verändern
Sie sagt mir, dass jeder Wiederstand zwecklos sei
Sie sagt mir, Geld werde es immer geben
Sie sagt mir, Geld wir diese Welt verderben
Ich drehe mich im Kreis
Sie sagt mir, ich solle mich zusammenreissen
Sie sagt mir, ich soll sein wie alle andern
Sie sagt mir, ich solle mich verformen
Sie sagt mir, ich solle mich anpassen
Um ins System zu passen. Fremdkörper
Sie sagt mir, es habe keinen Sinn
Sie sagt mir, das Leben habe keinen Sinn
Sie sagt mir, „es gibt Wege dem zu entfliehen, es geht ganz schnell.“
Warum nicht einfach ausbrechen?
Sie sagt mir, aber ich muss doch akzeptiert werden
Sie sagt mir, Ich muss doch die Spielregeln des Systems befolgen.
Sonst bin ich allein, sonst bin ich verloren
Ich sage ihr, sie soll schweigen